Bund erteilt Drogen-Erlaubnis an umstrittene Psychiater
Das Bundesamt für Gesundheit vergibt Sonderbewilligungen für Therapien mit psychedelischen Drogen – auch an Therapeuten aus dem Umfeld der Kirschblüten-Gemeinschaft.
Veröffentlicht am 3. April 2025 - 09:00 Uhr
Gelöstes LSD kann auf Papier geträufelt und so konsumiert werden.
LSD, Ketamin und Co. könnten eine hilfreiche Ergänzung in der Therapie psychisch schwer kranker Menschen sein, zeigen Studien. Mittlerweile dürfen auch Therapeuten ausserhalb des klinischen Settings mit psychoaktiven Substanzen therapieren.
Psychedelisch aktive Drogen gelten in der Schweiz aber als Betäubungsmittel und sind verboten. Deshalb muss beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) eine Ausnahmebewilligung für die Behandlung beantragt werden. Die Erlaubnis wird für einen konkreten Patienten erteilt und ist nur ein Jahr gültig.
Ärzteliste kursiert im Internet
Illegale Substanzen, psychisch vulnerable Patienten – da muss das BAG beim Erteilen der Bewilligungen grosse Sorgfalt walten lassen. Auf einer im Internet kursierenden Liste von Therapeuten, die bereits entsprechende Substanzen einsetzen dürfen, stehen allerdings Namen, die staunen lassen: Neben einer Ärztin mit einer homöopathischen Praxis finden sich zwei Ärzte aus dem engeren Umfeld der umstrittenen Solothurner Kirschblüten-Gemeinschaft.
Der eine ist ein enger Weggefährte des mittlerweile verstorbenen Sektengründers Samuel Widmer und seit Jahrzehnten mit der Kommune eng verbunden. Der andere musste als ärztlicher Direktor des Psychiatriezentrums Münsingen BE den Hut nehmen, weil er Mitglieder der Sekte eingestellt hatte.
«Bewegung mit totalitärem Anspruch»
«Innerhalb der Kirschblüten-Gemeinschaft setzen wir uns immer wieder mit der Frage auseinander, was eine Sekte charakterisiert und ob wir dazuzuzählen sind. Wir sind dabei immer wieder zum Schluss gekommen, keine Sekte zu sein», ist auf der Website der Kirschblüten-Gemeinschaft zu lesen.
Für die Schweizerische Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie ist die Gemeinschaft hingegen eine «gefährliche Bewegung mit totalitärem Anspruch, die Menschen mit Heilsversprechen ködert und elementare ethische Prinzipien der seriösen und professionellen Psychotherapie verletzt». Das Konzept sei «eingelassen in eine Heilslehre, die den Anspruch der Wissenschaftlichkeit und der Überprüfbarkeit weit hinter sich gelassen hat».
«Die im Gesuch enthaltenen Angaben basieren auf Selbstdeklaration der Ärztinnen und Ärzte.»
Bundesamt für Gesundheit
Das Bundesamt für Gesundheit schreibt auf Anfrage des Beobachters: «Die im Gesuch enthaltenen Angaben basieren auf Selbstdeklaration der Ärztinnen und Ärzte.» Es würden die fachlichen Kenntnisse im Hinblick auf die beschränkte medizinische Anwendung von verbotenen Betäubungsmitteln berücksichtigt sowie die Zugehörigkeit zu relevanten Fachgesellschaften. Weitere Hintergrundprüfungen könne man nicht vornehmen.
«Aus Datenschutzgründen können wir uns nicht zu Bewilligungsinhaberinnen und -inhabern äussern», erklärt das BAG weiter. «Falls Beschwerden oder Hinweise auf unethisches Verhalten oder Ähnliches vorliegen, werden diese selbstverständlich überprüft.»
- Schweizerische Ärztegesellschaft für Psycholytische Therapie (SÄPT): Liste von TherapeutInnen mit Ausnahmebewilligungen für Psychedelika-assistierte Therapie
- Kirschblüten-Gemeinschaft: Stellungnahme der Kirschblüten-Gemeinschaft zum Beobachter-Artikel vom 11. Februar 2022
4 Kommentare
In Ergänzung zum oben stehenden Text möchten wir folgende Aussagen richtig stellen:
1. Zitat: „Mittlerweile dürfen auch Therapeuten ausserhalb des klinischen Settings mit psychoaktiven Substanzen therapieren“.
Ein so genanntes „klinisches Setting“ beinhaltet neben Kliniken auch ambulante Praxen. Die durch das BAG genehmigten PAT Behandlungen in psychiatrischen Praxen stellen daher seit 2014 ein professionelles Setting dar für welches bereits über 1000 Bewilligungen durch das BAG erteilt und abgeschlossen wurden.
2. Zitat: „Ärzteliste kursiert im Internet“
Die genannte Liste ist eine offizielle Publikation auf unserer Website (www.saept.ch). Sie umfasst alle ÄrztInnen mit aktuellen Sondergenehmigungen des Bundesamts für Gesundheit (BAG). Sie dient der Information von PatientInnen, durch welche Fachpersonen Therapien mit Psychedelika prinzipiell angeboten werden, und trägt somit für eine Behandlung mit hoher Nachfrage und geringem Angebot zum medizin-ethischen Prinzip eines fairen Zugangs bei.
SÄPT Geschäftsstelle Kommunikation
Was für absolut beschämendes, inakzeptables, da bewusst intransparent gehaltenes, unkontrolliertes, ausbeuterisches Schweizer "Gesundheits-Un-Wesen, wo sich bis dato die "gross kassierenden Zuständigen/Verantwortlichen" (BAG, BLV, Gesundheits-Direktoren-Konferenz (??) und Co) NICHT um diese "Ausbeutung" kümmern, welche diese Leute NICHT betreffend!!!
"Söihäfeli - Söideckeli"!!!
VORBILDER der JUNGEN...!?
Ich finde, Psychiater sollten der Drogensucht entgegenwirken. Dass sie Drogen verabreichen, sehe ich kritisch.
Dieser Artikel ist meines Erachtens nicht objektiv, denn es wird nicht erwähnt, wie vielen Menschen eine psycholytische Therapie bereits massgeblich geholfen, wenn nicht gar das Leben gerettet hat. Ich konnte 2021 im Rahmen einer Studie am PUK Zürich an einer Psilocybin-Studie teilnehmen, mit einer einmaligen, moderaten Dosis. Seither ist meine Depression vollständig verschwunden. Ich bin unendlich dankbar, dass ich diese Chance bekommen habe und wünsche jedem, der unter Depression, Sucht oder PTBS leidet, diese grossartige Chance!