Diese Damen-Unterhose ist am giftigsten
Jede dritte Damenunterhose enthält hormonverändernde Bisphenole, die über die Haut aufgenommen werden. Am schlechtesten schneidet eine «Invisible»-Unterhose ab.
Veröffentlicht am 13. November 2024 - 16:36 Uhr
Man findet sie in Babyflaschen, CD-Hüllen, Konservendosen – und, wie sich herausstellt, sogar in Damenunterwäsche. Der österreichische Verein für Konsumenteninformation (VKI) liess kürzlich 71 Unterhosen für Kinder, Herren und Damen prüfen, die im deutschsprachigen Raum verkauft werden.
Auffällig: Am stärksten belastet waren jeweils die Damenunterhosen. So wurden bei 26 der getesteten Unterhosen die schädlichen Bisphenole nachgewiesen, darunter alleine 15 Damenprodukte.
Und: «In sieben Produkten fanden sich sogar derart hohe Mengen oder besonders besorgniserregende Bisphenole, dass von einem Kauf aufgrund möglicher negativer gesundheitlicher Folgen abgeraten wird», wie es vom Verein heisst.
Bisphenole und BPA: Was ist das?
Bei Bisphenolen handelt es sich um chemische Verbindungen, die bei der Herstellung von Kunststoffen eingesetzt werden. Am gängigsten ist dabei die Unterart Bisphenol A, kurz BPA, die in zahlreichen Konsumgütern zum Einsatz kommt.
Mittlerweile weiss die Forschung, dass Bisphenole grossen Einfluss auf unser Hormonsystem nehmen können. Die EU stufte BPA bereits 2016 als «besonders besorgniserregend» und potenziell krebserregend ein, manche Länder haben den Stoff seit einiger Zeit komplett verboten.
Durch den Schweiss werden die Stoffe aus Kleidungsstücken, wie die getestete Unterwäsche, herausgelöst und können vom Körper aufgenommen werden.
«Wir fordern mehr Kontrollen, ein griffiges Chemikalienrecht und vor allem mehr Forschung rund um Chemikaliensicherheit.»
Stiftung für Konsumentenschutz
Grundsätzlich erkennt auch das Bundesamt für Gesundheit (BAG) die Gefahr von BPA an: «Hormonaktive Stoffe haben ein grosses Schadenspotenzial, weil sie, gleichermassen wie natürliche Hormone, ihre Wirkung bereits in winzigsten Konzentrationen entfalten und das Hormonsystem damit stören können», heisst es in einer Mitteilung.
Man vermute zudem eine schädliche Wirkung auf Fortpflanzungs-, Nerven-, Immun- und Herz-Kreislauf-Systeme.
Konsumentenschutz fordert strengere Massnahmen
Trotz dieses Eingeständnisses wurde BPA in der Schweiz bisher nur in wenigen Fällen verboten. Das BAG sagt zusammenfassend: «Gemäss dem aktuellen Wissensstand stellt BPA kein Gesundheitsrisiko dar, da die Belastung der Bevölkerung zu gering ist. Diese Aussage wird allerdings kontrovers diskutiert.»
Für die Stiftung für Konsumentenschutz reichen die aktuell geltenden Bestimmungen nicht aus: «Wir fordern mehr Kontrollen, ein griffiges Chemikalienrecht und vor allem mehr Forschung rund um Chemikaliensicherheit», heisst es auf Anfrage.
Wie kann man sich schützen?
Laut der Untersuchung des VKI sind vor allem Damenunterhosen aus synthetischen Stoffen betroffen. Der Verein schreibt dazu: «Es gibt auch Baumwollprodukte für Frauen, aber wie unsere Marktforschung zeigt, ist der Anteil an synthetischen Produkten in Frauenunterwäsche am höchsten. Dadurch unterliegen Frauen einem höheren Risiko einer Bisphenol-Exposition durch Unterwäsche.»
Unter den stichprobenartig getesteten Modellen schnitt eine Unterhose besonders schlecht ab: Der nahtlos verarbeitete Slip der «Invisible»-Reihe von Hunkemöller wurde von den Forschenden als «die am stärksten mit Bisphenolen belastete Probe im gesamten Test» bezeichnet. Seit 2017 ist der niederländische Unterwäschegigant auch in der Schweiz vertreten. Gegenüber dem Beobachter wollte man sich nicht zu den Testergebnissen äussern.
Der Schweizer Konsumentenschutz zeigt sich ebenfalls beunruhigt, sagt aber auch: «Wir sind überzeugt, dass es noch viele andere Konsumprodukte gibt, die besorgniserregende Stoffe enthalten.» BPA in Unterhosen sei nur ein Beispiel unter vielen. «Es ist leider nicht immer ganz klar, ob diese bewusst hinzugefügt werden oder ob sie unbeabsichtigt bei der Produktion hinzugelangen.»
Naturfasern versus synthetische Stoffe
Um das Risiko zu reduzieren, empfiehlt der Konsumentenschutz grundsätzlich, möglichst keine synthetischen Stoffe direkt auf der Haut zu tragen. «Naturfasern reduzieren das Risiko erheblich, mit Chemikalien in Kontakt zu kommen.» Auch der Griff zu geprüften Öko-Labels sei ratsam.
Gleiches sagt der VKI: «Unsere Testungen haben ganz klar gezeigt: Je höher der Anteil an Kunstfasern in Unterwäsche, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit einer Belastung mit Bisphenolen.»
Hinweis: Dieser Artikel wurde erstmals am 4. Nov. 2024 veröffentlicht und am 13. Nov. 2024 aktualisiert.