Lohntransparenz bei Firmen unerwünscht – was tun?
Ein Grossteil der Schweizer Unternehmen will die Löhne der Mitarbeitenden nicht publik machen. Für sich selber kann man jedoch trotzdem Lohntransparenz einfordern.
Veröffentlicht am 3. Juni 2022 - 15:04 Uhr
Jede Angestellte und jeder Angestellte möchte für ihre respektive seine Arbeit einen angemessenen Lohn. Was andere dabei verdienen, ist ein wichtiger Vergleichsmassstab. Doch 61 Prozent der Schweizer Firmen wollen keine Transparenz bieten, wenn es um die Löhne ihrer Mitarbeitenden geht, wie eine kürzlich erschienene Studie der Jobplattform «JobCloud» zeigt.
Gefragt nach dem Grund, geben 60 Prozent an, dass innerhalb des Unternehmens keine Lohntransparenz gewährleistet werden könne. Keine Saläre zu veröffentlichen, beispielsweise um eine konkrete Stelle auszuschreiben, ist für Firmen daher die logische Konsequenz, wenn man intern nicht offen kommunizieren will oder kann. Weitere 30 Prozent sprechen sich dagegen aus, weil die Gehälter der Angestellten sehr unterschiedlich sind.
Wenig Hoffnung also für die einzelne Mitarbeiterin, mehr in Sachen Lohntransparenz im Unternehmen zu erreichen? Falsch! Jeder kann selber aktiv werden, zumindest für sich persönlich. Diese drei Tipps helfen dabei, herauszufinden, ob der eigene Lohn gerecht ist und was andere verdienen:
- Mit Kollegen über den Lohn reden: Es klingt simpel, fällt aber vielen schwer. «Gehen Sie auf Ihre Arbeitskolleginnen zu und fragen Sie direkt nach», rät Beobachter-Expertin Katharina Siegrist im Ratgeber «Mehr Lohn» über Strategien bei der Lohnverhandlung. Zu wissen, was Kolleginnen und Kollegen mit ähnlichem Jobprofil verdienen, hilft nicht nur, das Thema Lohntransparenz beliebt zu machen, sondern verschafft auch einen Vorteil beim nächsten Lohngespräch.
Arbeitgeber dürfen ihren Angestellten nicht verbieten, über den Lohn zu reden . Dem Argument, dass die Saläre zum Geschäftsgeheimnis gehören, hat das Bundesgericht widersprochen. Dies gilt selbst dann, wenn es der Arbeitgeberin schaden könnte. Zum Beispiel, weil schlechter verdienende Kolleginnen zu Lohnforderungen ermutigt werden. Darum sollte man sich bewusst sein, dass «Lohnungleichheiten auch immer zu Frust und Neid führen können», warnt Siegrist.
- Infos zur gesetzlichen Lohnanalyse verlangen: Wer in einem Unternehmen mit über 100 Angestellten arbeitet, hat Glück. Seit 1. Juli 2020 sind diese Unternehmen gesetzlich dazu verpflichtet, eine Lohnanalyse
durchzuführen. Ziel dieser Untersuchung soll es sein, Lohnungleichheiten wegen des Geschlechts aufzudecken und zu bereinigen. Die Analyse muss von einer Revisionsgesellschaft oder einer Arbeitnehmervertretung überprüft werden.
Arbeitgeber müssen ihre Angestellten über die Lohnanalyse informieren, und zwar schriftlich. Die Lohnanalyse kann Hinweise für Lohndiskriminierungen bieten.
- Gespräch mit der Chefin suchen: Sprechen Sie mit Ihrer Chefin, wenn Sie mit Ihrem Lohn unzufrieden sind oder die Löhne aus Ihrer Sicht willkürlich oder sogar diskriminierend sind. Lohndiskriminierung aufgrund des Geschlechts ist verboten. Teilen Sie Ihrer Arbeitgeberin mit, wie Sie die Situation wahrnehmen. Sie zeigen dadurch Stärke und sprechen Ihr Anliegen auf gleicher Augenhöhe an. «Kündigt die Vorgesetzte Ihnen aufgrund des Lohngesprächs, wäre die Kündigung wohl missbräuchlich und könnte angefochten werden», sagt Katharina Siegrist.
Lohnrechner: Werden Sie gerecht entlöhnt?
Vergleichen Sie Ihr Gehalt mit diesen Lohnrechnern:
Über den Lohn spricht man nicht gerne. Der Beobachter gibt rechtliche Antworten! Erfahren Sie als Mitglied unter anderem, was man beim Lohngespräch mit dem Chef beachten sollte, ob Sie Anrecht auf Dienstaltersgeschenke oder Boni haben und was Sie tun können, wenn die Arbeitgeberin im Verzug mit der Lohnzahlung ist.
1 Kommentar
Kanton Aargau: Volksinitiative für Lohngleichheit: Weg von der Lohn- hin zur Einstellungsdiskriminierung?
Und wenn die Lohndiskriminierung weg wäre, was dann? Dann haben die Frauen doch einfach schlechtere Chancen bei einer Neueinstellung, weil die Risiken, dass Frauen schnell wieder kündigen, nur noch Teilzeit arbeiten wollen oder Kinder kriegen hoch sind. Mögliche Schwangerschaft, Reduktion des Arbeitspensums oder Kündigung aus Rücksicht auf den Arbeitsplatz und/oder Wohnort des männlichen Partners sind die Hauptgründe für die Lohndiskriminierung der Frauen. Dazu kommen die Kosten der Einarbeitung und Finanzierung der Stellvertretung oder des Ersatzes nach einer Kündigung oder bei Teilzeitarbeit. Die Frauen zahlen mit ihren tieferen Löhnen eine Risikoprämie, unschön, aber nachvollziehbar aus Sicht des Arbeitgebers; wie bei Bankkrediten und Versicherungsprämien, bei denen schlechte Schuldner:innen mehr bezahlen.