Arbeiten am Weihnachtsmarkt – einmal und nie wieder
Lange Schichten, keine Pausen: Angestellte der Firma GourmetZauber klagen an.
Veröffentlicht am 21. Dezember 2018 - 10:32 Uhr,
aktualisiert am 20. Dezember 2018 - 15:31 Uhr
Passanten schätzen die ausgelassene Stimmung an Weihnachtsmärkten. Angestellte haben oft weniger zu lachen. Fast die Hälfte der Belegschaft der Wiler Firma GourmetZauber GmbH beschwert sich über fragwürdige Arbeitsbedingungen.
Die GourmetZauber lockt mit ihren Ständen am Zürcher Werdmühleplatz und im Niederdorf zur schnellen Pause. Ein gutes Dutzend meist junge Angestellte serviert Glühwein und Raclette. Sechs Mitarbeiterinnen berichten dem Beobachter, wie es hinter den Ständen zugeht. Die Schichten könnten auch mal zehn Stunden dauern, Pausen gebe es keine. Wer etwas essen wolle, müsse sich selber zu helfen wissen. «Während des Hochbetriebs am Abend bleibt schlicht keine Zeit dafür», sagt eine Angestellte.
Selbst wer nur kurz auf die Toilette will, muss erst auf die Chefin warten. Firmeninhaberin Andrea Schweizer fährt mit dem Trottinett zwischen den Marktständen hin und her und überbrückt die Zeit, wenn jemand mal muss.
Eine Studentin, die die Nase voll hat und inzwischen nicht mehr hinterm Stand steht: «Die meisten Angestellten wollen etwas Geld verdienen – und kommen nachher nie mehr.» Vom letztjährigen Team ist niemand mehr dabei. «Ich habe in der Zeit fast ein Magengeschwür bekommen», erinnert sich eine andere Studentin.
Das Arbeitsgesetz ist klar: Anrecht auf eine Viertelstunde Pause hat, wer täglich mehr als fünfeinhalb Stunden arbeitet. Bei einer Arbeitszeit von sieben Stunden gibt es eine halbe Stunde Pause, bei mehr als neun Stunden eine Stunde. Und wenn man den Arbeitsplatz nicht verlassen kann, zählt die Pause sogar zur Arbeitszeit.
Die Firmenchefin Andrea Schweizer bestreitet die Aussagen ihrer ehemaligen und aktuellen Angestellten: «Die Schichten dauern nur vier bis sechs Stunden, Pausen und Toilettenbesuche sind problemlos möglich. Wenn es mich braucht, bin ich immer da.»
Bei GourmetZauber machen viele die Faust im Sack, sie sind eingeschüchtert vom rabiaten Umgangston der Firmeninhaberin . Einige berichten, man müsse sich nur gut stellen mit der Chefin, dann gebe es keine Probleme. Als der Beobachter beim Personal zu recherchieren begann, drohte Andrea Schweizer ihren Angestellten mit rechtlichen Schritten.
In wirtschaftlich schwierigen Zeiten kann es sein, dass der Arbeitgeber Sie zu Mehrarbeit verpflichtet. Oder umgekehrt: Er weist Ihnen weniger Arbeit zu, und Sie kommen auf Minusstunden. Als Beobachter-Mitglied erfahren Sie, was rechtlich in Bezug auf die Arbeitszeit gilt und in welchen Fällen man sich wehren kann.
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