Leider hat der Chef auch Internet
Facebook, Twitter, Instagram: Das Internet macht Privates sichtbar – auch für den Arbeitgeber. Das kann unliebsame Folgen haben. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
aktualisiert am 6. Oktober 2021 - 12:41 Uhr
Nach einer wilden Partynacht ein Foto auf Facebook gepostet, obwohl man krankgeschrieben ist. Der Chef kündet fristlos. Darf er das?
1. Frage: Ich suche eine Stelle als Treuhänderin. Ab und zu poste ich Bilder von mir auf Instagram – auch in erotischer Pose. Darf mich ein potenzieller Arbeitgeber online ausspionieren?
Arbeitgeber können durchaus soziale Netzwerke und Google nutzen, um mehr über Bewerber zu erfahren, als sie in Motivationsschreiben und Lebenslauf preisgeben.
Problematisch daran: Das Freizeitverhalten und der Lebensstil sind tabu, wenn sie nichts mit der offenen Stelle zu tun haben. Danach darf ein Arbeitgeber im Bewerbungsgespräch auch nicht fragen – und genauso wenig darf er sich eigentlich diese Informationen aus dem Netz beschaffen. Denn wer Privates online
stellt, tut das meist nur für einen geschlossenen Kreis von «Freunden». Dass hochgeladene Erotik- oder Partyfotos aber auch von anderen Nutzern und den Personalchefs dieser Welt gesehen werden, geht häufig vergessen.
Tipps:
- Denken Sie nach, bevor Sie posten.
- Nutzen Sie die Möglichkeiten in den sozialen Netzwerken, Ihre Privatsphäre zu schützen .
- Drehen Sie den Spiess um: Ein sorgfältig bewirtschaftetes Profil auf Portalen für berufliches Networking (etwa LinkedIn oder Xing) kann bei Bewerbungen ein Vorteil sein.
Sie haben ein Profil in den beruflichen Netzwerken LinkedIn und Xing oder wollen eines einrichten? In der Checkliste «Tipps für das Profil auf LinkedIn und Xing» finden Sie heraus, mit welchen Keywords Sie die richtigen Arbeitgeber auf sich aufmerksam machen und worauf Sie sonst achten sollten.
2. Frage: Ich bin ganz sicher, dass meine Arbeitgeberin in einen Korruptionsskandal verwickelt ist. Auf Twitter habe ich den entsprechenden Verdacht geäussert. Ich wusste mir nicht anders zu helfen. Hab ich angemessen gehandelt?
Wer Missstände in einem Betrieb aufdeckt , riskiert einiges: gemobbt werden, als Nestbeschmutzer gelten oder sogar die Kündigung erhalten. Daher ist es ratsam, sich zuvor über mögliche arbeits- oder strafrechtliche Konsequenzen zu informieren – etwa über die Whistleblower-Hotline des Beobachters (Telefon 043 444 54 11, werktags 9 bis 13 Uhr). Arbeitnehmer müssen sich redlich und loyal verhalten. Dazu gehört auch, die Missstände zuerst intern zu melden.
Tipps:
- Wenden Sie sich an die zuständige Meldestelle in Ihrer Firma. Prüfen Sie, ob man Ihre Anonymität garantieren kann, und lassen Sie sich Ihre Meldung schriftlich bestätigen.
- Wenn der Arbeitgeber nicht reagiert, können Sie an eine zuständige Behörde gelangen – etwa an einen Staatsanwalt oder an das kantonale Arbeitsinspektorat.
- Falls auch das nichts nützt, dürfen Sie sich an die Medien beziehungsweise an die Öffentlichkeit wenden. Auf eine interne Meldung darf man nur verzichten, wenn «wichtige Interessen» vorliegen und ein Schaden nicht anders abgewendet werden kann.
3. Frage: «Mein Chef ist ein geldgieriges Arschloch»: Das habe ich auf Facebook gepostet, und dazu stehe ich bis heute. Sollte ich den Post trotzdem besser löschen?
Ja. Wer den Arbeitgeber in aller Öffentlichkeit – und dazu kann man auch ein Facebook-Posting zählen – mit dem A-Wort beleidigt, muss mit einer fristlosen Kündigung rechnen. Ob sie berechtigt ist, darüber müsste ein Gericht entscheiden. Dabei wird der konkrete Einzelfall berücksichtigt, etwa das Verhalten der Parteien in der Vergangenheit oder nach dem Vorfall. Eine fristlose Kündigung ist gerechtfertigt, wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses aus wichtigen Gründen nicht mehr zumutbar ist.
Tipps:
- Löschen Sie den beleidigenden Kommentar .
- Suchen Sie das Gespräch mit dem Chef, um Konflikte zu bereinigen.
- Halten Sie sich im Internet mit emotionalen Äusserungen zurück.
4. Frage: Ich werde von einem Arbeitskollegen gemobbt. Im Büro behandelt er mich wie Luft, auf meinem Facebook-Profil postet er fiese Kommentare. Was tun?
Der Arbeitgeber hat eine Fürsorgepflicht. Er darf im Betrieb kein (Cyber-)Mobbing dulden. Sobald er davon erfährt, muss er den Vorwürfen nachgehen und geeignete Massnahmen treffen. Er kann Ihren Kollegen zwar nicht vorschreiben, was sie in der Freizeit zu tun oder zu lassen haben. Er kann aber ein Gespräch mit allen Beteiligten ansetzen und Weisungen für die Zusammenarbeit erlassen.
Tipps:
- Seien Sie zurückhaltend mit Facebook-Freundschaften, besonders wenn es sich um Arbeitskollegen und Vorgesetzte handelt. Sie geben Einblick in Ihre Privatsphäre und machen sich dadurch angreifbar.
- Auf Facebook können Sie unerwünschte Kommentare auf Ihrem Profil selber löschen und unliebsame Nutzer blockieren.
5. Frage: Ich habe einige Partyfotos auf Facebook gepostet, während ich krankgeschrieben war. Mein Chef hat das erfahren und mir fristlos gekündigt. Zu Recht?
Massgebend sind die konkreten Umstände, etwa warum Sie krankgeschrieben waren. Mit einem gebrochenen Handgelenk dürften Ihnen die Bilder nicht zum Verhängnis werden. Arbeitsunfähigkeit heisst nicht, dass Sie sich zu Hause verkriechen müssen.
Anders ist es, wenn Sie vortäuschen, mit 40 Grad Fieber im Bett zu liegen – und nun über die Tanzfläche hüpfen. Einmaliges Blaumachen reicht zwar für eine fristlose Kündigung in der Regel nicht aus. Wenn es aber bereits ähnliche Vorfälle gab oder Sie deswegen schon einmal verwarnt wurden, ist das Vertrauensverhältnis wohl nachhaltig und unwiederbringlich zerstört – und die fristlose Kündigung damit rechtens.
Tipp:
- Gegen unliebsame Fotos im Internet kann man einen Antrag bei Google oder Facebook stellen.
In der Schweiz können Arbeitsverträge beiderseitig zu jeder Zeit aufgelöst werden. Einen Grund für die Kündigung braucht es nicht, doch es gibt Ausnahmen. Beobachter-Mitglieder erfahren, welche das sind, ob sie rechtlich gesehen unter Kündigungsschutz stehen und wie sie mittels einer Briefvorlage schriftlich gegen eine fristlose Entlassung protestieren können.