Gefälschte Artikel sollen Anleger ködern
Prominente wie Roger Federer werben für den Handel mit Kryptowährungen. Doch es handelt sich dabei um eine Betrugsmasche.
Veröffentlicht am 5. Juli 2019 - 13:26 Uhr
«Nie wieder Sorgen um Geld» und ähnliche Aussagen von Prominenten kursieren in letzter Zeit im Netz. Unter anderem erzählten Tennisstar Roger Federer, der Musikproduzent Dieter Bohlen, der deutsche TV-Moderator Frank Elstner und andere Prominente, wie einfach sie mit Kryptowährungen zu viel Geld gekommen seien.
Artikel dazu sind unter anderem auf «Zeit Online», «Spiegel Online» sowie auf der Webseite von SRF erschienen. Zumindest scheint es so. In Wirklichkeit sind die Websites gefälscht und die Artikel erfunden.
Es handelt sich um eine Betrugsmasche. Dabei schicken die Schwindler E-Mails auch in die Schweiz, mit einem Link zu einer erstaunlich echt aussehender Internetseite, auf der sich der vermeintliche Artikel befinden soll.
Folgt man dem Link, taucht zum Beispiel folgender Artikel auf: «Zeit Online»-Autoren berichten angeblich von einer Handelsplattform namens «Crypto Code». Inspiriert seien sie von einem Interview, das der deutsche TV-Moderator Frank Elstner gegeben haben soll. Daraufhin sollen sie ebenfalls investiert und nach kurzer Zeit bereits Gewinne erhalten haben. Das Fazit der Autoren: «Wir haben das System getestet, und es funktioniert!».
Es brauche nur 250 Euro als Startkapital. Daraufhin übernehme das System, so die Autoren. Was dieses genau tut und wie die Investition abläuft, wird im Artikel nicht erklärt. Am Ende befindet sich ein Link zur Plattform.
Die Strategie der Betreiber: Prominente werben für eine Plattform zum Handel mit Kryptowährungen und sagen, wie viel Geld sie damit gemacht haben. Die angeblich seriösen Artikel, in denen Journalisten angeben, die Website überprüft zu haben, sollen der ganzen Masche mehr Glaubwürdigkeit verleihen.
Eine Sprecherin des «Zeit»-Verlags bestätigte gegenüber dem Beobachter, dass der vorliegende Artikel gefälscht sei, auch wenn die Autoren tatsächlich für die «Zeit» arbeiten. Zwischen «Zeit Online» und den Betreibern der Webseite bestünde keine Verbindung. Vielmehr sei die Marke «Zeit Online» rechtswidrig benutzt worden .
Daraufhin leitete die Rechtsabteilung juristische Schritte ein. Doch bislang sei es nicht möglich gewesen, die Betreiber ausfindig zu machen.
Dass die Artikel gefälscht sind, ist spätestens nach den Aussagen der Prominenten klar: Auf Twitter und Instagram distanzieren sich Frank Elstner, Dieter Bohlen sowie die Sprecherin der deutschen «Tagesschau» Judith Rakers vom Werbebetrug.
Das Beobachter-Beratungszentrum erhielt in letzter Zeit vereinzelte Anfragen. Beobachter-Berater Carlos Perez rät, die Hände von solchen Angeboten zu lassen.
Die Betreiber agieren laut Perez weitgehend aus dem Ausland. Dies bestätigten Schweizer Polizisten und Juristen gegenüber SRF: die Spuren führten in zwei anderen Fällen nach Panama und zu den Marshallinseln. Auch Dieter Bohlen, der bereits seine Anwälte eingeschaltet hat, musste feststellen, dass es nicht einfach ist, die Verantwortlichen zu finden. Die Hinweise zeigen ebenfalls nach Panama.
Fake-Werbung wird nicht nur via E-Mail verbreitet, sondern auch auf Websites ausgespielt. Die Werbung wird automatisch auf Servern verteilt. Das Problem dabei: Die Werbungen werden nicht genügend gefiltert, da eine individuelle Filterung zu teuer wäre.
Solche Phishing-Werbung wird vom Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb ( UWG) erfasst. Das Seco ist für dessen Umsetzung zuständig.
Die Eidgenössische Kommission für Konsumentenfragen (EKK) sowie das Seco raten Betroffenen, eine Beschwerde beim Seco einzureichen. Daraufhin gibt das Seco über die entsprechenden Handlungs- und Klagemöglichkeiten Auskunft. Das Seco selber hat keine Möglichkeit, Schäden von Einzelpersonen geltend zu machen.
Was kann man also tun, wenn das Geld verloren geht? Perez rät, Kontakt zu den Betreibern der Internetseite herzustellen und in einem eingeschriebenen Brief das Geld zurückzuverlangen. Die Erfolgschancen seien allerdings eher gering.
Ein kürzlich ans Beratungszentrum gelangter Fall zeigt: Als der Betroffene sein investiertes Geld zurückforderte, wollte der «Finanzberater» die über 11'000 Franken nicht zurückzahlen. Die involvierten Handelsplattformen heissen «Olympus-Markets» und «Conto FX» und geben an, mit Kryptowährungen zu handeln. Ob ein eingeschriebener Brief mehr bewirkt, wird sich zeigen.
Da die Firmen aus dem Ausland operieren, ist in Streitfällen Schweizer Recht nicht anwendbar – dies macht die Sache komplizierter. Betroffene müssten deshalb im jeweiligen Land eine Strafanzeige einreichen und einen Anwalt beauftragen .
Wenn die verlorene Summe nicht allzu gross ist, lohnt sich das häufig nicht. Bei den meisten Fällen, die dem Beratungszentrum bekannt sind, wurden ein paar hundert Franken oder Euro «angelegt», die man am Ende vermutlich abschreiben muss.
Wenn man sich für den Handel mit Kryptowährungen interessiert und in keine Anlegerfalle geraten möchte, rät Perez, das Geld nur bei einem Schweizer Anbieter zu investieren. Unterdessen kann man bei vielen Banken und Börsenmaklern mit Kryptowährungen handeln. Der Vorteil: Im Streitfall könnte man den Bankenombudsmann einschalten.
Wer im Internet surft, sollte sich der Gefahren bewusst sein. Umso mehr, wenn die eigenen Kinder auf Social Media & Co. unterwegs sind. Beobachter-Mitglieder erfahren, wie sie sich vor Spam-Mails schützen und welche präventive Massnahmen sie veranlassen können, damit sie erst gar nicht von Werbemails belästigt werden.