Streit um Impfung und Zertifikat
Empörung und Wehmut erschöpfen uns. Dabei wollen wir nur das Coronavirus bekämpfen und nicht uns gegenseitig. 3 Tipps, wie man sich besser fühlen kann.
Veröffentlicht am 13. Oktober 2021 - 11:44 Uhr
Leserfrage: «Impfung, Zertifikat – die Leute sind polarisiert wie noch nie. Ich leide unter dem Streit. Was kann ich tun?»
Wie Ihnen geht es aktuell vielen. Es gibt wie zwei Teile in Ihnen: einen wütenden und einen traurigen. Der wütende Teil meldet sich immer wieder, wenn Sie an aktuelle Themen wie die Impfung oder das Covid-Zertifikat denken. «Es wäre doch so einfach, wenn doch alle nur …» – das ist der Gedanke, der meist die Wut auslöst.
Diese Wut ist aber meist gar nicht so schlimm, es ist mehr ein Unverständnis und vor allem Hilflosigkeit oder Ohnmacht. Der traurige Teil ist der stillere Teil in Ihnen. Er kommt auch in den Medien und den Gesprächen mit anderen selten vor. Mit vielen guten Freunden ist es schwierig geworden. Sie versuchen, gewisse Themen zu meiden. Und doch ist es so unbehaglich geworden, dass Sie bewusst oder unbewusst den Kontakt reduziert haben. Und diese Freunde fehlen Ihnen. Die unbeschwerte Zeit mit ihnen war wichtig für Sie, ein Ort, wo Sie auftanken konnten. Und mit weniger Tankfüllungen sind Sie nun müder , das Leben hat aber auch an Farbe verloren.
Die Polarisierung betrifft mich genauso wie Sie. Ich habe im Sommer meine hochbetagten Schwiegereltern in den USA besucht. Bei ihnen war es herzlich und schön. Rundherum aber weniger. Vom Autovermieter bis zur Verkäuferin im Sportladen nahmen fast alle innert ein paar Minuten Stellung zu Corona, der Impfung und der Frage, ob man für die Republikaner respektive Trump oder für die Demokraten ist. Die drei Fragen schienen für die Mehrheit der Amerikaner deckungsgleich zu sein.
Die Gespräche in den USA hatten oft etwas recht Unangenehmes. In der Schweiz ist die Polarisierung zum Glück geringer. Bis internationale Entwicklungen den Weg zu uns in die Alpen gefunden haben, flachen sie meist etwas ab. Bei den toxischen Trends ist das ein Vorteil.
Suchen Sie die Grautöne.
Tipp 1
Aktuell fühlen wir uns alle auf ein Schachbrett gedrängt. Es gibt nur zwei Farben, Schwarz und Weiss. Dabei brauchten wir mindestens zehn verschiedene, und der Pantone-Farbfächer umfasst bekanntlich Tausende von Nuancierungen. Auch zwei Impfbefürworter oder zwei Impfskeptikerinnen unterscheiden sich sehr in ihren Meinungen. Jedes Thema besteht ja aus vielen Facetten, zu denen man unterschiedliche Meinungen haben kann.
Plötzlich findet man bei einzelnen Facetten Gemeinsamkeiten mit dem Gegenüber , das sonst eigentlich beim Schachbrett auf der Gegenseite wäre. Eisblau und Cremebeige sind eigentlich sehr unterschiedliche Farbtöne, beides sind aber Pastellfarben. Man hat vielleicht unterschiedliche Meinungen zur Impfung, erachtet aber Freiwilligkeit als wichtig.
Zu viel Empörung ist ungesund.
Tipp 2
Wir leben im Zeitalter der Schlagworte, Schlagsätze oder Schlagbilder. Sie eignen sich halt so wunderbar für unsere sozialen Medien. Sie haben sehr oft etwas Provokatives und Emotionales. Ihr Ziel ist manchmal der Humor, beim Thema Covid geht es allerdings weit häufiger darum, Empörung auszulösen. Empörung beim Gegenüber in den Kommentaren – oder eben gemeinsame Empörung über die anderen.
Empörung ist das Kokain der Gefühle – intensiv, süchtig machend und abstumpfend. In zu hoher und vor allem zu häufiger Dosis ungesund. Es spricht nichts dagegen, ein paarmal pro Jahr richtig empört zu sein, es weckt und bringt Sie in eine Handlung. Ständiges Empörtsein aber verbittert, macht destruktiv, unser Hirn denkt dann nur noch in Problemen und nicht in Lösungen.
In der Empörung bauen wir keine Brücken. Empörung polarisiert. Achten Sie also darauf, was gewisse soziale Medien, die von Ihnen erwähnte Sendung «Arena», Stammtischrunden oder andere Kreise bei Ihnen auslösen. Auf Ungesundes sollten wir ja bekanntlich verzichten.
Schauen Sie hinter die Fassaden.
Tipp 3
Ein Austausch darüber, ob wir nun in einer Diktatur leben oder nicht, ist wenig zielführend. Und dass unser Gesundheitswesen gleich kollabiert, ist eben auch mehr Schlagwort als ein wirklicher Diskussionsgrund.
Dass Ihre Nichte sich nicht impfen lassen will, hat vielleicht mit ihrem Kinderwunsch zu tun; sie hat Angst davor, einem künftigen Kind zu schaden . Und Ihr Nachbar tritt so vehement für eine konsequente Impfpflicht ein, weil er befürchtet, seinen Job im Tourismus zu verlieren. Bei beiden geht es um Ängste – und über die lässt sich eher sprechen, sie können sogar verbinden. Was findet sich sonst noch hinter den Fassaden? Trauer, Scham oder auch Verletzungen – also Verbindendes.
Das Neuste aus unserem Heft und hilfreiche Ratgeber-Artikel für den Alltag – die wichtigsten Beobachter-Inhalte aus Print und Digital.
Jeden Mittwoch und Sonntag in Ihrer Mailbox.
4 Kommentare
1. Akzeptanz der lebensverändernden Situation (Pandemie und Massnahmen)!
2. Neue Wege zu echter Lebensqualität für sich finden!
3. Sich über die eigene Gesundheit freuen, andern Menschen helfen, bewusster "konsumieren" und an NATUR und TIERE denken!
Aktive, weltweite Pandemie: Kleinstaat Schweiz = anstatt beruhigende wichtige ganzheitliche "Volks-Politik" (Motto:
"gemeinsam sind wir stark"),
unsinniger, verwirrender, teurer "Kantönligeist-Wirrwarr" (Gesundheits,- Bildungs,....etc-Un-Wesen)!!
Deutlich zeigen sich die "Schwachstellen" in: Parlament, Politik, Ämtern, Behörden!!
Ein Grund der Empörung sehe ich auch in der falschen Kommunikation. So zum Beispiel wurde am Anfang der Pandemie von offizieller Seite behauptet, Masken nützen nichts. Wie sich herausstellte, lag der Grund in den fehlenden Masken welche trotz vorgängig durchgeführten Pandemiestudien nicht in genügender Anzahl an Lager war. Bis zum heutigen Tag tat man sich schwer mit der frühzeitigen Reservation von Non-MRNA-Impfstoffen obwohl viele Impfskeptiker dem MRNA-Wikstoff nicht traute. Mit allen Mitteln wird jetzt versucht die Impfquote zu erhöhen. Parallel dazu wir seit Monaten Täglich mehrmals am TV und in den Medien gezeigt wie die Impfung in den Oberarm erfolgt, dabei gibt es einige Ungeimpfte, welche vor diesem zwar harmlosen "Picks" Angst haben. Diese Aufzählungen liesse sich endlos fortsetzen!
Verfolgt man die offiziellen PK des Bundesrats über die letzten 2 Jahre, erkennt man ganz klar ein Muster. Massnahmen, ob gefordert oder ungewünscht, werden möglichst lange hinausgezögert. Der Fokus liegt auf der Wirtschaft und dem Gesundheitswesen. Vergleicht man uns mit dem nahen Ausland, finde ich dass wir sehr bequem leben und dennoch nie wirklich zu späht aktiv wurden. Auch wenn ich nicht mit allen Entscheidungen einverstanden war, muss ich doch zugeben, dass die Pandemie mein Vertrauen in unserer Regierung gestärkt hat.