Sämtliche Alarmglocken hätten eigentlich läuten sollen. Denn die Webseite, auf der Tina Franel am 18. Januar einkaufte, sah aus, als hätte ein Anfänger sie gebaut: ein paar Fotos von Schuhen, Kleidern und Schmuck, ein hastig entworfenes Logo, Schreibfehler zuhauf.

Der Online-Shop vikingsofnorway.com war verführerisch günstig – und verdächtig verschwiegen. Unter der Rubrik «Über uns» stand: nichts. Aber dafür hatte die Schwyzerin keine Augen. Sie hatte gefunden, was sie schon so lange gesucht hatte: den Winterstiefel «Cougar Women Original Pillow Waterproof Boot Beautiful and elegant», zum Aktionspreis von 123 statt 217 Franken. Tina Franel drückte auf «Add to cart» und überwies das Geld.

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Das Geld war verloren

Jetzt ging das Warten los. Auf den Schnee und auf das dafür passende Schuhwerk. Beides kam nicht. Die erste Mail, die kurz nach der Bestellung in Franels Inbox landete, bat freundlich um Geduld: «Herzliche Gratulation zu ihrem erfolgreichen Kauf eines unserer ultra-günstigen, limitierten Promotionsprodukte!» Die zuständige Abteilung benötige nun einige Tage Zeit, um die Bestellung zu verarbeiten. «Please wait patiently!»

Bald folgte die nächste Mail mit einer Tracking-Nummer (LO767009990CN). Darin stand, man habe die Bestellung via «China Post» oder «China Post EMS» versandt. Der Link, um die Lieferung zu verfolgen, führte natürlich ins Leere. Von einem Winterschuh war auch nicht mehr die Rede, dafür wiederholte der Absender die Bitte: «Please wait patiently, too».

Am 7. Februar traf das Päckli aus China ein. Es war rosarot und viel zu klein, Absender: «Erster Stock der Yanbu Eurodan Unterwäsche Fabrik in Nanhai, China». Statt der Cougar-Schuhe hatte Tina Franel ein dünnes weisses Jäckchen erhalten, an dem ein zerknitterter Adidas-Zettel hing. Die falsche Lieferung enthielt eine offensichtliche Fälschung Gefälschte Markentasche Im Web gekauft – was kann ich tun? .

Tina Franel griff wütend in die Tasten: «Das Paket kam heute an. Falsche Lieferung!!! Ich bekam ein Jäckchen statt Schuhe. Bitte überprüfen!» Die Mailadresse des Kundendienstes von vikingsofnorway lautete cs@servicecentervip.com. Allein VIP-mässig war an diesem Servicecenter rein gar nichts. Eine Reaktion blieb nämlich aus. Das Geld war verloren.

Beim Shopping im Internet vorsichtig sein

Tina Franel sagt, für sie sei die Sache erledigt: «Dumm gelaufen, ich lerne daraus.» Für das weisse Jäckchen hat sie keine Verwendung. Es sei ganz billig gemacht und habe vermutlich kaum mehr Wert als «ein paar Fränkli». Ob es sich um eine Adidas-Fälschung handelt, bleibt unklar. Die Adidas-Pressestelle schreibt auf Anfrage des Beobachters nüchtern: «Leider können wir auf Basis eines Bildes und der vorliegenden Informationen keine Aussage dazu treffen, ob es sich bei dem Produkt um ein Adidas-Produkt handelt.»

2018 kauften Schweizerinnen und Schweizer für knapp 9,5 Milliarden Franken online ein, 2,3 Milliarden gingen an Händler im Ausland. Dass sich im Netz auch viele unseriöse Anbieter 9.90CHF.ch Unseriöser Onlineshop liefert nicht tummeln, ist bekannt. Ebenso, dass ein Vorgehen gegen internationale Betrüger praktisch aussichtslos ist. Deshalb müsse man bei Shopping-Trips im Internet besonders vorsichtig sein. «Ganz wichtig ist es, das Impressum zu prüfen», sagt Doris Huber, Expertin beim Beobachter-Beratungszentrum. Wie heisst die Firma hinter der Site? Wo hat sie ihr Domizil? «Wenn ein Angebot zu gut ist, um wahr zu sein, ist es in der Regel nicht wahr.»

Schon eine kurze Recherche Checkliste So erkennen Sie unseriöse Onlineshops im Internet genügt oft, um zweifelhafte Anbieter zu entlarven. Gibt man bei Google etwa jene ominöse Unterwäschefabrik in China ein, die das rosarote Alibi-Päckli verschickt hat, stösst man auf Dutzende Erlebnisberichte ebenfalls Geschädigter: «Betrüger aus China verschickt ungewollte Pakete an Europäer!» Die Masche ist stets die gleiche: Man bestellt teure Sachen – und bekommt billigen Schrott. Die Webseite vikingsofnorway.com ist seit einem Jahr auf Zhao Feng aus Zhengzhou registriert. Auf mehrere Mails des Beobachters reagierte der Betreiber nicht. Beim Webseiten-Status heisst es nun: «Inaktiv».

Rechtsratgeber
Checkliste «Onlineshopping – So sichern Sie sich ab»

An gewissen Punkten – etwa der Bewertung des Verkäufers oder an der Herkunft des Produkts – lässt sich relativ einfach erkennen, ob der Anbieter der Ware vertrauenswürdig ist. Wie Sie ein Kaufangebot im Internet richtig hinterfragen, erfahren Sie als Beobachter-Mitglied in der Checkliste «Onlineshopping – So sichern Sie sich ab».

«Für dumm verkauft»

Etikettenschwindel, falsche Preisangaben, haarsträubende Werbung oder sonst ein Reinfall: Für Ärger von Konsumentinnen und Konsumenten ist leider nur allzu häufig gesorgt. Auch Beobachter-Redaktorinnen und -Redaktoren fühlen sich öfters für dumm verkauft. Was sie dabei erleben, lesen Sie unter dieser Rubrik.

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Peter Aeschlimann, Redaktor
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