Unzufrieden mit dem Lohn – das können Sie tun
Eine neue Studie zeigt: In der Schweiz verlassen viele den Job, weil sie zu wenig verdienen. Die Tipps, wie Sie mehr fordern – und wie Sie kündigen.
Veröffentlicht am 7. Juni 2024 - 16:40 Uhr
Aus welchen Gründen wollen Angestellte in der Schweiz den Job wechseln? Diese und weitere Fragen haben 753 Leute beantwortet – von Büroangestellten über Akademiker bis zu Handwerkerinnen. Durchgeführt hat die Studie die Agentur Klar, zusammen mit der Marktforschungsagentur Blue Eyes.
Letztes Jahr war eine schlechte Work-Life-Balance noch der meistgenannte Kündigungsgrund, dieses Jahr gibt das Portemonnaie den Takt an: Auf Platz eins steht ein zu tiefer Lohn. Vor einem Jahr stand er noch auf Platz sechs. Christian Dietrich, Geschäftsführer von Klar, erklärt diese Entwicklung gegenüber dem «Blick» mit der Inflation, die besonders Mittel- und Geringverdiener deutlich zu spüren bekommen.
Doch wie kommen Arbeitnehmende zu einem höheren Lohn, ohne zu kündigen? Und wenn das nicht klappt: Wie kündigt man richtig?
Ich brauche mehr Lohn. Wie sage ich es der Chefin?
Bevor Sie das Thema ansprechen, versetzen Sie sich in die Lage Ihrer Vorgesetzten. Die interessiert weniger, dass am Ende des Monats zu wenig übrig bleibt, ein weiteres Kind unterwegs ist oder man eine teurere Wohnung hat. Unternehmerinnen wollen gute Angestellte. Das heisst: Leute, die effizient arbeiten, Prozesse verbessern, der Firma helfen, Geld zu sparen, oder verhindern, dass andere kündigen. Wo sind Sie besonders stark und besonders wertvoll für das Unternehmen? Machen Sie eine Liste.
Ein besonders guter Moment für ein Lohngespräch ist, wenn man eine Weiterbildung abgeschlossen hat oder befördert wird. Wenn das gerade nicht ansteht: Warten Sie nicht, sondern schreiben Sie eine Liste mit Argumenten. Überlegen Sie eine konkrete Zahl für eine Lohnerhöhung und bitten Sie die Chefin um ein baldiges Gespräch. Denn vielleicht ist es beim nächsten Mitarbeitergespräch schon zu spät, weil das Budget fürs kommende Jahr schon bestimmt wurde.
Da ist nichts zu machen, sagt die Chefin
Moment: Wenn mehr Geld nicht möglich ist, könnten Lohnnebenleistungen Ihre Zufriedenheit mit dem Job erhöhen? Vielleicht ein Geschäftsauto oder -handy, eine Mitarbeiterbeteiligung oder eine Weiterbildung? Oder wie wäre es mit flexiblen Arbeitszeiten, einer zusätzlichen Ferienwoche oder unbezahltem Urlaub?
Es hilft alles nichts, ich will kündigen
Dann nehmen Sie den Arbeitsvertrag hervor. Wie lange ist die Kündigungsfrist? Falls da nichts steht, gelten folgende Fristen – nach Ablauf der Probezeit: ein Monat im ersten Dienstjahr, zwei Monate im zweiten bis und mit neunten Dienstjahr, drei Monate ab dem zehnten Dienstjahr. Kündigen kann man jeweils auf das Monatsende.
Eine bestimmte Form muss man nicht einhalten, man kann auch mündlich kündigen, per Textnachricht oder Brieftaube – solange im Vertrag nichts anderes steht. Aber: Die Kündigung muss vor Beginn der Kündigungsfrist beim Arbeitgeber eintreffen. Diese Tatsache muss im Streitfall die Angestellte beweisen. Darum kündigt man am besten schriftlich per Einschreiben und rechtzeitig. Wenn es zeitlich knapp wird, kann man das Schreiben persönlich übergeben und den Arbeitgeber den Empfang mit einer Unterschrift bestätigen lassen.
Haben Sie noch Fragen? Dann sprechen Sie mit den erfahrenen Arbeitsrechts-Expertinnen und -Experten des Beobachter-Beratungszentrums.
Über den Lohn spricht man nicht gerne. Der Beobachter gibt rechtliche Antworten! Erfahren Sie als Mitglied unter anderem, was man beim Lohngespräch mit dem Chef beachten sollte, ob Sie Anrecht auf Dienstaltersgeschenke oder Boni haben und was Sie tun können, wenn die Arbeitgeberin im Verzug mit der Lohnzahlung ist.
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2 Kommentare
Mittlerweile ist echt anstrengend, wie die Firmen sich selbst und die Angestellten herunterwirtschaften. Aktuell wirds bei mir auch ein bisschen eng, deswegen mache ich jetzt einen CZV Kurs (https://on-ausbildung.ch/czv-…) und bilde mich fort. Davon erhoffe ich mir, dass ich in der nächsten Gehaltsverhandlung ein wenig mehr herausholen kann. Man kann nur hoffen! Danke für die weiteren guten Tipps.
Staatsstellen und –löhne: Sparpotenzial vorhanden!
Die Beschäftigtenstatistik zeigt, dass seit Einführung der Personenfreizügigkeit von den seit Mitte 2006 geschaffenen 843'000 neuen Stellen in der Schweiz, deren 420’000 beim Staat und staatsnahmen Betrieben entstanden.
Bei den Anstellungsbedingungen des Staatspersonals herrschte lange Zeit eine Art stiller Konsens: Die Löhne waren nicht besonders hoch, dafür waren die Stellen ausgesprochen sicher. Fabrikarbeiter werden in Rezessionen entlassen, Polizisten, Lehrerinnen und Steuerkommissäre aber braucht es noch in der grössten Wirtschaftskrise.
An der Arbeitsplatzsicherheit hat sich nichts geändert, beim Lohn hingegen ist es vorbei mit der Bescheidenheit. Bundesangestellte verdienen heute fast 12 Prozent mehr als ähnlich Qualifizierte in der Privatwirtschaft. Bei den Kantonen und den Gemeinden beträgt der Zuschlag je rund 5 Prozent. Dies zeigt eine neue Analyse des Luzerner Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik.
Sowohl beim Bund wie auch in den Kantonen und Gemeinden müssen die Gesetzgeber das Heft in die Hand nehmen. Sie müssen erstens mehr Transparenz einfordern. Jede neue Stelle muss nachvollziehbar begründet werden. Zweitens müssen sie auf ein Lohnsystem pochen, das zwar marktgerechte Löhne kennt, diese aber nicht überbietet.