Gesundes auf den Tisch
Es gibt immer wieder neue Theorien, wie man sich gesund ernährt. Gerade für Diabetiker kann das verwirrend sein. Dabei ist es gar nicht so kompliziert.
aktualisiert am 11. November 2022 - 10:44 Uhr
«Ich habe kürzlich gelesen, dass sich Diabetiker nach Möglichkeit nordisch ernähren sollen. Nordische Kost sei besonders gesund. Dabei hat mir meine Ernährungsberaterin eine mediterrane Ernährung empfohlen. Was gilt denn jetzt?», fragt die 48-jährige Monika Degen* ihren Arzt leicht genervt. Dieser beschwichtigt: Ihre Verunsicherung sei zwar verständlich – die nordischen Staaten und das Mittelmeer liegen ja weit voneinander entfernt –, aber unnötig.
Tatsächlich sind in letzter Zeit einige Artikel erschienen, in denen eine nordische Ernährungsweise als gesund beurteilt wurde. Die Empfehlungen basieren auf Studien, deren Resultate kürzlich publiziert wurden.
Viele einzelne Lebensmittel aus der nordischen Küche wurden schon auf ihre Bedeutung für die Gesundheit untersucht. Es gibt Studien zum regelmässigen Verzehr von Nüssen, von weissem und grünem Gemüse, von verschiedenen Ölen, von Milchprodukten, von rotem Fleisch, von Schokolade und vielem mehr. Aussagekräftiger und der Realität näher sind allerdings Untersuchungen über allgemeine Essgewohnheiten, wie eben zum Beispiel die mediterrane Ernährung.
Dass die mediterrane Ernährung einen günstigen Einfluss hat auf die Häufigkeit von Herz-Kreislauf-Erkrankungen , ist eine wissenschaftlich erhärtete Tatsache. Dies gilt für Menschen mit Diabetes ebenso wie für Stoffwechselgesunde.
Die mediterrane Küche enthält alles, was man unter «gut essen» versteht. Die Grundpfeiler sind frisches Obst und Gemüse, Getreideprodukte, Olivenöl, wenig rotes Fleisch, Fisch, viele Hülsenfrüchte und dazu Kräuter und Gewürze von Knoblauch bis Basilikum. Ein Gläschen Wein darf das Essen begleiten. Doch Vorsicht: Pizza und Pasta sind nicht Bestandteil der mediterranen Ernährung, wie sie hier verstanden wird.
Die Vorteile einer solchen Ernährung sind beeindruckend: Senkung der Herzinfarkt- und Krebssterblichkeit; Senkung der Gesamtsterblichkeit; Senkung der Häufigkeit von Parkinson- und Alzheimererkrankung; Senkung des Risikos für die Entwicklung eines Diabetes mellitus Typ 2 und eines metabolischen Syndroms; Senkung des Einsatzes von oralen Antidiabetika bei neu diagnostiziertem Diabetes mellitus Typ 2.
Wichtig ist offensichtlich, dass die Ernährung einen hohen Anteil an Vitaminen, Mineralstoffen und Nahrungsfasern enthält. Ausserdem soll sie reich sein an sogenannten Antioxidantien. Das sind Schutzstoffe , welche ein Übermass an freien Sauerstoffradikalen abfangen können. Letztere entstehen beim Abbau der Nahrung, vor allem bei übermässiger Kalorienzufuhr, aber auch durch Umweltbelastungen und Krankheiten. Sie greifen Körperzellen an und schädigen sie. Der Körper wird schneller alt; die Blutgefässe verkalken früher (Atherosklerose).
Die Natur hat nun über die Jahrhunderte ausgeklügelte Schutzsysteme und Stoffe entwickelt, um diese Sauerstoffradikale zu neutralisieren. Da sie den gefährlichen oxidativen Stress bekämpfen, bezeichnet man sie als Antioxidantien. Die wichtigsten dieser Schutzstoffe sind die Vitamine E, C und das Betacarotin , Spurenelemente wie Selen, Zink und Kupfer sowie eine Vielzahl von Pflanzenstoffen. Stellvertretend seien hier die Phenole (wichtigster Vertreter: Flavonoide) genannt, die in zahlreichen Gemüsesorten, Nüssen, Olivenöl, schwarzer Schokolade oder auch im Rotwein enthalten sind.
Die mediterrane Ernährung versorgt den Körper reichlich mit diesen schützenden antioxidativen Substanzen. Und weil die klassische Ernährung in Skandinavien ebenfalls reich ist an Antioxidantien, prüfte man auch deren Einfluss auf die (kardiovaskuläre) Gesundheit . Die nordische Kost enthält einen hohen Anteil an Fisch, Kohl, Wurzelgemüse, Äpfel und Birnen, Beeren, Roggenbrot und Haferflocken.
Es ist nicht erstaunlich, dass die Resultate einer in Dänemark durchgeführten Studie einen günstigen Einfluss der nordischen Ernährung auf die Gesundheit zeigen. An dieser Studie nahmen 55’000 Menschen teil, die im Mittel über 15 Jahre beobachtet wurden. Wer diese Kostform tatsächlich praktizierte, hatte ein deutlich geringeres Risiko, einen Typ-2-Diabetes zu entwickeln oder einen Hirnschlag zu erleiden.
Hier schliesst sich der Kreis und es gibt keine Widersprüche zwischen nordischer und mediterraner Ernährung. Es gibt offensichtlich nicht nur eine gesunde Ernährungsform. Wichtig scheint, dass sie ausgewogen ist und reich an Vitaminen, Mineralstoffen und Antioxidantien. Ob Sie sich in der Küche eher im Norden oder im Süden zu Hause fühlen, ist also gesundheitlich nicht so entscheidend.
Ob nordisch oder mediterran: Es ist immer sinnvoll, sich bei einer Ernährungsumstellung mit einer anerkannten Ernährungsberaterin oder einem Ernährungsberater zu besprechen. Mit ihr zusammen findet man die beste Kombination der individuellen Vorlieben und Gewohnheiten und dem gesundheitlich Wünschbaren. So gelingt auch eine nachhaltige Umstellung leichter.
Die Zahl der Menschen, die sich vegetarisch ernähren, nimmt zu; bereits verzichtet jeder achte bis zehnte Schweizer darauf, Fleisch oder generell tierische Produkte zu essen. Die Beweggründe sind hauptsächlich ökologischer, tierethischer und gesundheitlicher Natur. Tatsächlich sind Zivilisationskrankheiten wie Übergewicht, Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, gewisse Krebsformen und auch der Typ-2-Diabetes bei Vegetarierinnen und Vegetariern seltener. Möglicherweise liegt das aber auch daran, dass Menschen, die auf Fleisch verzichten, generell einen gesünderen Lebensstil pflegen.
Menschen mit Diabetes können den Entscheid, vegetarisch zu leben, ebenso frei fällen wie Menschen mit gesundem Stoffwechsel. Es gibt keinerlei Hinweise, dass sich eine fleischlose Ernährung nachteilig auf den Diabetes auswirken könnte. Was die Blutfette betrifft, darf sogar mit einer Verbesserung der Werte gerechnet werden. Dank dem vermehrten Konsum von Obst, Gemüse und Vollkornprodukten ist auch die Versorgung mit gewissen Vitaminen und Mineralstoffen noch besser gewährleistet.
Während der Ernährungsumstellung ist es ratsam, vermehrte Blutzuckermessungen durchzuführen. Die grössere Menge an Nahrungsfasern und der konsequente Wechsel der Eiweissquellen, die geringere Fett-, aber höhere Kohlenhydratanteile haben, können das Blutzuckerprofil nachhaltig verändern. Wenn Diabetiker sich zu diesem Schritt entschliessen, sind sie daher – auch hier – gut beraten, die Begleitung eines Ernährungsprofis in Anspruch zu nehmen.
Für Insulin spritzende Diabetiker ist es unumgänglich, gewisse Kenntnisse über den Kohlenhydratgehalt von Lebensmitteln zu haben. Nur so können sie die Insulindosis und die Essmenge aufeinander abstimmen. Wer die Essmenge täglich variiert, muss wissen, wie viel Insulin er für eine bestimmte Menge Kohlenhydrate braucht.
Der Einfachheit halber wird dabei der Insulinbedarf immer bezogen auf diejenige Portion eines Lebensmittels, die 10 Gramm Kohlenhydrate enthält. 10 Gramm Kohlenhydrate – oder im Fachjargon ausgedrückt ein Brotwert, ein Obstwert oder ein Milchwert – entsprechen nicht 10 Gramm eines bestimmten Lebensmittels, sondern der Menge X dieses Lebensmittels, die genau 10 Gramm Kohlenhydrate enthält. 10 Gramm Kohlenhydrate sind zum Beispiel enthalten in 25 Gramm Vollkornbrot, 150 Gramm Erdbeeren oder 2 deziliter Milch.
Die entsprechenden Nahrungsmitteltabellen können Diabetiker mit der Hilfe des Ernährungsberaters kennenlernen. Dieser oder die betreuende Ärztin kann aufgrund eines vom Diabetes-Betroffenen erstellten Nahrungsprotokolls auch berechnen, wie viel Insulin man für 10 Gramm Kohlenhydrate braucht. Die Anzahl dieser 10-Gramm-Bausteine, die man isst, bestimmen Betroffene aber selbst. Dann braucht es nur noch ein paar einfache rechnerische Kenntnisse, um auf die korrekte Menge Insulin zu kommen.
Um ein Gefühl für die Portionengrössen zu bekommen, ist es sinnvoll und oft auch nötig, gewisse Esswaren von Zeit zu Zeit zu wiegen. So schult man das Auge im genauen Schätzen.
Und wie steht es eigentlich mit gesüssten Lebensmitteln aus bei einer Diabetes-Erkrankung? Es gibt künstliche Süssstoffe mit einer grossen Süsskraft, wie zum Beispiel Saccharin, Cyclamat, Aspartam, Acesulfam und Thaumatin. Sie sind als Tabletten, flüssig oder in Pulverform erhältlich, fast kalorienfrei und beeinflussen den Blutzucker nicht. Sie konservieren nicht. Gegen ihren massvollen Einsatz bei Diabetes kann vor allem zur geschmacklichen Bereicherung der Auswahl an Getränken nichts eingewendet werden.
Aber Achtung: wer regelmässig Süssstoffe konsumiert , hat dadurch keinen Gewichtsvorteil. Süssstoffe sind in der Regel gut verträglich. Da es Hinweise gibt, dass sie bei häufiger Einnahme die Darmflora (Mikrobiom) verändern können, wird derzeit erforscht, ob dies nicht nachhaltige gesundheitliche Konsequenzen haben könnte.
Daneben gibt es Zuckeraustauschstoffe, die dem Haushaltszucker ähnlich, aber weniger energiehaltig sind (2,4 Kilokalorien pro Gramm). Sie erhöhen den Blutzucker weniger als der Haushaltszucker und brauchen zu ihrer Verarbeitung kein Insulin. Ihre Süsskraft liegt leicht unter der der Saccharose. Sie haben konservierende Eigenschaften, können also beispielsweise für Konfitüren verwendet werden. Wichtigste Zuckeraustauschstoffe, wegen ihrer chemischen Struktur auch als Zuckeralkohole bezeichnet, sind Sorbit, Xylit, Mannit, Maltit, Erythrit, Isomalt und Lactit.
Sie können Blähungen und Durchfall verursachen, wenn man sie in grösseren Mengen zu sich nimmt. Zuckeraustauschstoffe werden oft in Lightprodukten oder solchen mit dem Vermerk «ohne Zuckerzusatz» eingesetzt. Verwendung finden sie auch in Speiseeis, vielen Desserts, Saucen, Bonbons, Kaugummi und Senf. Sie sind medizinisch unbedenklich, aber gut verzichtbar.
Früher gab es zudem spezielle Diabetesprodukte. Doch die Diabetikertorte oder die Diabetikerschokolade, «für Diabetiker geeignet», wurden von Fachleuten weder erfunden noch je propagiert. Es hat auch nie Sinn gemacht, Haushaltzucker zu ersetzen durch gesättigte Fettsäuren (und Süsstoffe). Die irreführende Anpreisung ist heute verboten – und die Produkte sind aus den Regalen verschwunden. Geblieben sind die Möglichkeiten, Esswaren anders zu süssen als mit Haushaltzucker oder Fruktose.
Als natürliche Süssmöglichkeit werden heute hauptsächlich die fein geschnittenen Blätter der Stevia, einer Staude aus der Familie der Chrysanthemen, eingesetzt. Diese sind auch als Pulver oder Flüssigkeit erhältlich. Stevia hat eine hohe Süsskraft und ist hitzebeständig. Es ist überdies kalorienfrei.
Und was genau heisst «zuckerfrei» oder «zuckerarm»? «Zuckerfrei» bedeutet, dass ein Lebensmittel nicht mehr als 0,5 Gramm Zucker pro 100 Gramm oder pro 100 Milliliter enthält. «Zuckerarm» ist ein Produkt, das – im Fall von festen Lebensmitteln – nicht mehr als 5 Gramm Zucker pro 100 Gramm enthält, beziehungsweise – im Fall von flüssigen Lebensmitteln – nicht mehr als 2,5 Gramm.
«Ohne Zuckerzusatz» ist ein Lebensmittel dann, wenn ihm keine Mono- oder Disaccharide oder irgendein anderes wegen seiner süssenden Wirkung verwendetes Produkt zugesetzt sind, zum Beispiel Honig. Unter dem Begriff Monosaccharide sind Einfachzucker wie Glucose – etwa in Traubenzucker – oder Fruchtzucker zusammengefasst. Disaccharide sind Zweifachzucker, etwa Haushaltszucker (sowohl Rohr- als auch Rübenzucker), Milch- oder Malzzucker.
* Name der Redaktion bekannt
- Drei Hauptmahlzeiten, zwei Zwischenmahlzeiten: Essen Sie drei ausgewogene Hauptmahlzeiten und einen Znüni und Zvieri. Wer aber nie Zwischenmahlzeiten zu sich genommen hat, muss wegen des Diabetes nicht damit beginnen. Diabetesbetroffene, die Insulin spritzen oder Sulfonylharnstoffe einnehmen, sollten diesen Punkt mit ihrem Arzt und ihrer Ernährungsberaterin besprechen.
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Gemüse und Früchte: pro Tag 2 bis 3 Portionen Gemüse, als Beilage, Salat oder Suppe, davon mindestens einmal roh; 2 bis 3 Portionen Früchte, eventuell als Dessert einer Hauptmahlzeit
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Stärkehaltige Nahrungsmittel: Zu jeder Hauptmahlzeit gehört stärkehaltiges Essen in Form von Brot, Getreideflocken, Kartoffeln, Teigwaren, Reis, Mais, Hülsenfrüchten; diese sollen möglichst naturbelassen sein und – sofern vorhanden – bevorzugt als Vollkornprodukte konsumiert werden. Wünschenswert sind Nahrungsmittel mit einem tiefen glykämischen Index. Grundsätzlich ist die Menge aber wichtiger als die Art der konsumierten Kohlenhydrate. Wer sich mehr bewegt , hat «Anrecht» auf mehr Kohlenhydrate.
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Milch und Milchprodukte: Pro Tag 2 bis 3 Portionen Milch oder Milchprodukte (Milch, Joghurt, Quark/Hüttenkäse, Käse), gegebenenfalls in teilentrahmter Variante.
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Eiweisse: Pro Tag abwechslungsweise eine Portion Fleisch, Fisch, Eier, Käse oder andere Eiweissquellen (Tofu, Quorn etc.). Fleisch wird nicht alle Tage benötigt.
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Öle und Fette: Pro Tag 2 bis 3 Kaffeelöffel (10 bis 15 Gramm) hochwertiges Pflanzenöl wie Raps- oder Olivenöl für die kalte Küche verwenden, zum Beispiel für Salatsaucen. Pro Tag 2 bis 3 Kaffeelöffel Pflanzenöl, zum Beispiel HOLL-Raps- oder HO-Sonnenblumenöl zum Braten und Olivenöl zum Dünsten verwenden. Bei Bedarf pro Tag 2 Kaffeelöffel (10 Gramm) Streichfett (Butter oder Margarine aus hochwertigen Ölen) als Brotaufstrich verwenden.
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Nüsse, Kerne und Samen: Diese können in einer Menge von 20 bis 30 Gramm pro Tag gegessen werden, z. B. in Müesli, Salaten, Brot.
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Vorsicht vor versteckten Fetten: Achten Sie auf versteckte Fette, insbesondere in Wurstwaren, durchzogenem Fleisch, Käse, Frittiertem, Paniertem, Rahmsaucen, Süssspeisen, Cremen. Achtung: Fertiggerichte sind oft besonders kalorienreich.
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Genügend trinken: Trinken Sie täglich mindestens 1 bis 2 Liter kalorienfreie Flüssigkeit, bevorzugt in Form von Trink-/Mineralwasser oder Früchte-/Kräutertee. Koffeinhaltige Getränke (Kaffee, schwarzer/grüner Tee) massvoll. Süssgetränke sollten die absolute Ausnahme bleiben; wenn, dann am ehesten während oder nach sportlicher Betätigung.
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Alkoholische Getränke: Frauen 1 Glas pro Tag, Männer 1 bis 2 Glas pro Tag, bevorzugt zum Essen. Alkohol kann selbstverständlich weggelassen werden.
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Süssigkeiten als Ausnahme: Essen Sie Süsses als Ausnahme, nicht als Regel. Dann aber geniessen Sie es. Kaufen Sie immer Ihre Lieblingsschokolade – dann sind die vielen Kalorien eine Sünde wert.
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Salz: Verwenden Sie immer fluor- und jodhaltiges Kochsalz, aber sehr sparsam.
Setzen Sie sich zum Essen. Essen Sie langsam und kauen Sie gut. Versuchen Sie, so oft wie möglich in Gesellschaft zu essen. Richten Sie die Speisen auf Ihrem Teller schön an , auch wenn Sie allein essen. Versuchen Sie, die Mahlzeit bewusst zu geniessen.
1 Kommentar
Grüezi
Für Diabetiker:
Ihre Mahlzeiten Empfehlungen verstehe ich nicht! 5 mal Essen am Tag? Z.b. 2 bis 3 mal Milch am Tag?
Ihre Ratschläge sind noch verwirrender als wenn man googelt .....
Wenn Mann nicht wirklich kochen kann, stirbt Mann wohl sehr bald
Die Situation bei älteren alleine lebenden Menschen (v.a. Männer) ist eben meist, das kochen nicht die Stärke ist...