Das ändert sich 2023
Neues Erbrecht, ein nie dagewesenes Verkehrsschild und höhere Steuerabzüge – das ändert sich rechtlich ab 1. Januar 2023.
Veröffentlicht am 19. Dezember 2022 - 17:10 Uhr,
aktualisiert am 4. Januar 2023 - 16:02 Uhr
In diesen Bereichen kommt es ab 1. Januar 2023 zu Änderungen:
Neues Erbrecht: Mehr Spielraum und Flexibilität
Wer etwas zu vererben hat, kann den Nachlass nun sehr viel freier regeln. Das Wichtigste in Kürze:
- Pflichtteile fallen weg oder schrumpfen: Eltern haben neu keinen Pflichtteil mehr, müssen also nicht mehr per Gesetz einen bestimmten Anteil erhalten. Der Pflichtteil der eigenen Kinder schrumpft. Er beträgt ab dem neuen Jahr nur noch die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, statt wie vorher drei Viertel. Bei Ehepaaren bleibt alles beim Alten – ausser wenn bereits ein Scheidungsverfahren läuft. Dann muss man keine Pflichtteile mehr beachten. Früher war das erst ab rechtskräftigem Scheidungsurteil so.
- Überlebende Ehegatten besser absichern: Neu kann man dem überlebenden Ehegatten oder der eingetragenen Partnerin die Hälfte des Nachlasses zu Eigentum und die andere Hälfte zur Nutzniessung zuteilen. Sollte der überlebende Ehegatte oder die überlebende eingetragene Partnerin erneut heiraten, entfällt von Gesetzes wegen die Nutzniessung am Erbanteil der Kinder. Diese können dann damit tun, was sie möchten. Unter altem Recht konnten Überlebende nur zu einem Viertel Eigentümer werden.
- Grosse Schenkungen sind anfechtbar: Wer einen Erbvertrag abschliesst, kann sein Vermögen danach nicht einfach verschenken. Gelegenheitsgeschenke wie übliche Geburtstags- oder Weihnachtsgeschenke sind weiterhin möglich. Grosse Schenkungen , wie etwa der Anteil an einer Liegenschaft, können neu angefochten werden. Ausnahme: Man behält sich das im Erbvertrag ausdrücklich vor.
→ Mehr zum neuen Erbrecht im umfassenden Ratgeber «Erbrecht – klare Testamente, faire Erbteilung»
Adoption: Ein neuer Urlaub für Erwerbstätige
(Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels war nachfolgend vermerkt, dass die maximale Entschädigung beim Adoptionsurlaub 196 Franken am Tag beträgt. Dies wurde mit einer Aktualisierung am 4.1.2023 korrigiert.)
Wer arbeitet und ein Kind unter vier Jahren adoptiert, hat ab dem 1. Januar 2023 einen zweiwöchigen Adoptionsurlaub zugut. Der Urlaub muss innerhalb eines Jahres nach der Adoption bezogen werden. Wenn beide Eltern erwerbstätig sind, können sie den Urlaub frei untereinander aufteilen. Sie können ihn aber nicht gleichzeitig beziehen. Während des Urlaubs erhält man eine Entschädigung, die 80 Prozent des durchschnittlichen Erwerbseinkommens entspricht, maximal 220 Franken pro Tag. Keinen Adoptionsurlaub gibt es, wenn man ein Stiefkind adoptiert.
→ Weitere rechtliche Infos zur Adoption im Ratgeber «Auf Umwegen zum Baby»
.
Lifestyle-Gentests: Strengere Bestimmungen
Woher stamme ich, wie ist meine sportliche Veranlagung und wie und was soll ich am besten essen? Dieses und anderes kann man mit Gentests angeblich herausfinden. Und das wollen immer mehr Leute. Darum wurde bereits per 1. Dezember 2022 das Gesetz über genetische Untersuchungen beim Menschen angepasst. Ziel ist es, Missbräuche zu verhindern und den Schutz der Persönlichkeit zu gewährleisten. Diese nicht streng medizinischen Tests müssen neu von einer Gesundheitsfachperson veranlasst werden (Apotheker, Drogistin, Ernährungsberater, Psychologin et cetera). Auch die Anforderungen an einen Vaterschaftstest wurden nochmals verschärft. Labore, die diese durchführen, müssen besonders akkreditiert sein. Zudem muss die Identität des potentiellen Vaters kontrolliert und seine Einwilligung vorgelegt werden.
AHV/IV: Renten werden angepasst
Die AHV- und IV-Renten werden per 1. Januar 2023 der aktuellen Preis- und Lohnentwicklung, dem sogenannten Mischindex angepasst und um 2,5 Prozent erhöht. Damit steigt die Minimalrente von 1195 auf 1225 Franken pro Monat, und die Maximalrente beträgt neu 2450 Franken.
In der Wintersession erteilte das Parlament dem Bundesrat den Auftrag, die Renten vollumfänglich der Teuerung anzupassen, diese beträgt voraussichtlich 3 Prozent. Ausserdem muss der Bundesrat einen Vorschlag ausarbeiten, wie künftig bei einer Teuerung ab 2 Prozent die Renten angepasst werden. In der Frühlingssession wird das Parlament die Anpassung in einem Dringlichkeitsbeschluss verabschieden und die Renten werden rückwirkend per 1. Januar 2023 angepasst. Die Minimalrente wird somit um 6 Franken, die Maximalrente um 12 Franken erhöht.
→ Die wichtigsten Eckpunkte zur AHV im Ratgeber «Die grössten AHV-Irrtümer» .
Ergänzungs- und Überbrückungsleistungen: Höherer Lebensbedarf
Auch bei den Ergänzungs- und Überbrückungsleistungen gibt es mehr Geld: Der Betrag für die Deckung des allgemeinen Lebensbedarfs wird angepasst. Für Alleinstehende steigt er neu auf 20’100 Franken pro Jahr, für Ehepaare auf 30’150 Franken und für Kinder über elf Jahre auf 10’515 Franken, respektive 7380 Franken für Kinder unter elf. Auch die Höchstbeträge für die Mietzinse werden angepasst, und zwar um 7,1 Prozent. Das ergibt – je nach Region – neu 17’580, 17’040 oder 15’540 Franken pro Jahr für Haushalte mit einer Person.
Seit 2021 gibt es Änderungen bei den Ergänzungsleistungen. Das Merkblatt «EL-Revision» fasst für Mitglieder des Beobachters zusammen, welche Mietzinsmaxima nach Region gelten, welche Grenzen beim Vermögen beachtet werden müssen und was sich für Paare im Konkubinat verändert hat.
Direkte Bundessteuer: Höhere Abzüge für Kinderbetreuung, Arbeitsweg und Ehepaare
Erfreuliche Nachrichten für die nächste Steuererklärung. Dort kann man für die Kinderbetreuung durch Dritte mehr abziehen – und zwar bis zu 25’000 Franken pro Kind. Das ist mehr als das Doppelte, früher waren es nur 10’100 Franken pro Kind. Zusätzlich dürfen für die notwendigen Kosten für Fahrten zwischen Wohn- und Arbeitsstätten neu maximal 3200 Franken abgezogen werden – bisher waren es 3000. Und auch die kalte Progression oder «Heiratsstrafe» wird ausgeglichen: Ehepaare können für das Steuerjahr 2023 bis zu 13’600 Franken vom Einkommen abziehen, wenn beide verdienen. Bisher waren es 13’400 Franken. Der Kinderabzug und der Unterstützungsabzug steigen um 100 Franken auf je 6600 Franken. Ehepaare zahlen neu erst Steuern ab einem steuerbaren Einkommen von 28’800 Franken. Und der Höchstsatz wird neu erst ab einem steuerbaren Einkommen von 912’600 Franken erreicht.
→ Im Ratgeber «Steuern: Das können Sie abziehen»
erhalten Sie weitere Tipps für Ihre Steuererklärung.
Säule 3a: Mehr einzahlen
Und nochmals ein Steuertipp! Wer Steuern sparen will, zahlt auf ein Vorsorgekonto 3a ein. Für das Jahr 2023 gelten höhere Maximalbeträge: Für Personen mit einer Pensionskasse 7056 Franken, für Personen ohne Pensionskasse sind es 35’280 statt 34'416 Franken beziehungsweise maximal 20 Prozent des Nettoeinkommens.
Wie funktioniert die 3. Säule?
Bankenkonkurs: Bessere Einlagensicherung
Wenn eine Bank Konkurs macht, waren bisher maximal 100’000 Franken pro Person abgesichert. Nun wird diese Einlagensicherung gestärkt: Auch gemeinsame Konten sind abgesichert, bis 100’000 Franken. Ein Beispiel: Frau Meier hat 130’000 Franken auf ihrem Sparkonto deponiert, Herr Meier 120’000 auf seinem. Zusammen haben sie noch ein gemeinsames Konto, auf dem 150’000 Franken liegen. Wenn die Bank in Konkurs geht, wären früher «nur» 200’000 abgesichert gewesen – jeweils 100’000 Franken für Frau respektive Herrn Meier. Neu sind es 300’000 Franken, weil auch das gemeinsame Konto bis zu 100’000 Franken abgesichert ist.
Carpooling: Neues Verkehrsschild
Auf Schweizer Strassen gibt es ab dem neuen Jahr zwei Neuigkeiten. Nämlich ein neues Verkehrsschild, ein Symbol für Mitfahrgemeinschaften – sogenanntes Carpooling. Der Bundesrat will solche Fahrgemeinschaften fördern. Und es könnte bald langsamer zu und her gehen. Die Voraussetzungen für Tempo-30-Zonen werden gelockert, Behörden können Tempo-30-Zonen viel leichter einrichten. Die Signalisationsverordnung und eine Bundesverordnung werden aufs neue Jahr angepasst.
Sie wurden mit dem Auto geblitzt, weil Sie in einer Tempo-30-Zone oder ausserorts zu schnell unterwegs waren? Im Merkblatt «Strafen für zu schnelles Fahren» sehen Sie, was Ihnen je nach Schwere der Geschwindigkeitsüberschreitung blühen könnte.
Verlorenes Fluggepäck: Höhere Entschädigungen
Hängen gebliebenes oder sogar verlorenes Fluggepäck: Ab dem neuen Jahr kann man bei den Airlines dafür höhere Entschädigungen verlangen – je nach aktuellen Währungskursen rund 1640 Franken, statt wie bisher nur 1520 Franken. Was gleich bleibt: Wer einen Koffer vermisst, muss beim Lost-and-Found-Schalter ein Formular ausfüllen. Den Schaden – etwa Ausgaben für Hygieneartikel und Kleidung – muss man dann schriftlich und mit Quittungen innert 21 Tagen seit der Gepäckaufgabe bei der Fluggesellschaft geltend machen.
→ Gerade mal 100 Franken erhielt dieser Beobachter-Leser
für sein verspätetes Gepäck – bis sich der Beobachter einschaltete.
Lohn: Kein Solidaritätsbeitrag mehr
Seit 2011 wird auf Einkommen über 148’200 Franken ein Solidaritätsbeitrag für die Arbeitslosenversicherung abgezogen. Total ein Prozent, das wie immer 50/50 zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (Lohnabzug) aufgeteilt wurde. Diese Beiträge wurden erhoben, um die stark verschuldete ALV zu sanieren. Das sollte auf Ende 2022 geschafft sein, deshalb gibt es ab dem 1. Januar 2023 automatisch keinen Solidaritätsbeitrag mehr.
→ Ihnen steht die Lohnverhandlung für 2023 noch bevor? Im Ratgeber «Lohnerhöhung bei Inflation»
erhalten Sie Tipps von Experten.
Covid: Tests sind nicht mehr gratis
Wer sich auf Covid-19 testen lässt, muss dies ab dem neuen Jahr selber berappen. Wenn eine Ärztin den Test anordnet, damit sie die weiteren Behandlungen abschätzen kann, werden die Kosten – vorbehaltlich der Franchise und des Selbstbehalts – von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung übernommen.
Stockwerkeigentum: Versammlungen vor Ort statt vor dem Computer
Corona ist vorbei – zumindest für Stockwerkeigentümerinnen. Ab dem 1. Januar 2023 müssen die Stockwerkeigentümerversammlungen wieder analog stattfinden. Virtuelle Versammlungen und schriftliche Abstimmungen mit Mehrheitsbeschlüssen sind dann grundsätzlich nicht mehr zulässig. Ob man beides – mittels Reglement – trotzdem für die Zukunft beibehalten kann, müsste einst ein Gericht beurteilen.
→ Weitere Bestimmungen, was bei der Versammlung der Stockwerkeigentümer gilt.
Drohnen: Wer eine fliegt, muss sich registrieren
Wer eine Drohne selbständig fliegen lässt, muss mindestens 16 Jahre alt sein. Ab 12 Jahren kann man zusammen mit einer fachkundigen, mindestens 16 Jahre alten Begleitperson fliegen. Das neue Gesetz
sieht auch eine maximale Flughöhe von 120 Metern vor, wobei man mit der Drohne immer in Sichtkontakt sein muss. Wer höher fliegen will, braucht eine Bewilligung des Bundesamts für Zivilluftfahrt. Neu muss man sich für Drohnen registrieren, wenn sie eine Kamera haben oder über 250 Gramm schwer sind. Bei Drohnen über 250 Gramm muss man zusätzlich online eine Prüfung absolvieren.
→ Lesen Sie hier, was beim Fotografieren und Filmen mit Drohnen gilt.
Velo: Bessere und sicherere Velowege für die Schweiz
Am 1. Januar 2023 tritt das neue Bundesgesetz über Velowege (Veloweggesetz) in Kraft. Bund und Kantone müssen auf ihren Strassen Velowegnetze planen und realisieren. Damit sollen sich Autos, Velos und Fussgänger weniger ins Gehege kommen und Unfälle möglichst vermieden werden.
→ Bei E-Bikes gilt: Licht am Tag eingeschaltet! Und bei Velos? Lesen Sie die Antwort im Ratgeber «Was Velofahrer dürfen – und was nicht»
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2 Kommentare
Das Minestalter bezüglich der Drohnen ist falsch. Richtig wäre: "Ich bin mindestens 12 Jahre alt oder fliege meine Drohne unter Aufsicht einer mindestens 16 Jahre alten Begleitperson, die selbst über die erforderlichen Kenntnisse verfügt."
Da werden sich die Glaser freuen ...