Bei der Swisscom liegt die Schweiz nicht in Westeuropa
Eine «Flatrate für die Schweiz und Europa» verspricht die Swisscom bei ihrem Mobile-Abo «InOne mobile go». Doch wer über die Grenze telefoniert, zahlt extra.
Veröffentlicht am 2. März 2020 - 14:39 Uhr
Niels Rot ist oft im Ausland unterwegs und telefoniert regelmässig in seine Heimat Holland. Seine Eltern und seine Freunde von früher leben dort. Das Handy-Abo «InOne mobile go» der Swisscom war deshalb genau das richtige für den 36-jährigen Zürcher. Glaubte er zumindest.
Für 80 Franken im Monat gibt es «Die Flatrate für die Schweiz und Europa». Die Website des Mobilfunkanbieters verspricht: «Telefonie und SMS/MMS unlimitiert innerhalb der Schweiz und der EU/Westeuropa». Unter dem Titel «Vorteil 2: Unlimitiert in Europa» heisst es zudem: «Nutzen Sie Ihr Smartphone in Europa so wie zuhause in der Schweiz.» Niels Rot war überzeugt und schloss ein Abo ab.
Die unerfreuliche Überraschung kam mit der ersten Monatsrechnung. Über 100 Franken zusätzlich waren aufgeführt – für Anrufe aus der Schweiz nach Holland. Denn die Flatrate
gilt nur innerhalb der Schweiz sowie innerhalb der EU und «Westeuropa», aber nicht von der Schweiz aus nach Europa. Solche Anrufe kosten zusätzlich 60 Rappen die Minute, erfuhr Rot auf Nachfrage vom Swisscom-Kundendienst. «Es tut uns leid, aber Sie hätten das Kleingedruckte lesen sollen», habe ihm der Mann am Telefon gesagt. Tatsächlich ist diese Regelung unter «Tarifdetails» festgehalten. Ersichtlich, wenn man das Untermenü «In der Schweiz» öffnet.
Der Unternehmer fühlt sich von der Swisscom für dumm verkauft. «Die Anpreisung ist irreführend. Sie erweckt den Eindruck, alle Anrufe in Europa sind inbegriffen.» Klar, wenn er alles nochmals genau durchlese, werde das nirgends explizit gesagt. «Es zeugt aber nicht von einer ehrlichen, kundenfreundlichen Geschäftsphilosophie, wenn man in einer Produktbeschreibung nach Spitzfindigkeiten suchen muss.» So werde er ebenfalls spitzfindig: Die Schweiz gehöre zwar nicht zur EU, das wüsste auch er als Holländer. «Innerhalb Westeuropas liegt sie aber schon, oder?»
Bei der Swisscom ist man sich keiner Schuld bewusst. Die «naturgemäss verkürzte» Werbebotschaft sei inhaltlich korrekt. Es werde explizit «innerhalb der Schweiz und der EU» geschrieben und nicht «in». «Daraus geht klar hervor, dass auch der angerufene Teilnehmer sich in der Schweiz befinden muss, beziehungsweise Anrufe von der Schweiz ins Ausland nicht inbegriffen sind.» Die Bewerbung des Abos sei deshalb weder täuschend noch irreführend. Wie die vom Bund kontrollierte Firma das Konstrukt «EU/Westeuropa» definiert, zeigt ein Blick in die Tarifdetails. Neben den EU-Mitgliedern gehören Länder wie Grossbritannien, Norwegen, San Marino oder der Vatikan dazu, aber nicht die Schweiz.
Niels Rot hat für sich die Konsequenzen gezogen. Er telefoniert weiterhin regelmässig nach Holland. Aber nicht mehr mit der Swisscom
.
Etikettenschwindel, falsche Preisangaben, haarsträubende Werbung oder sonst ein Reinfall: Für Ärger von Konsumentinnen und Konsumenten ist leider nur allzu häufig gesorgt. Auch Beobachter-Redaktorinnen und -Redaktoren fühlen sich öfters für dumm verkauft. Was sie dabei erleben, lesen Sie unter dieser Rubrik.
7 Kommentare
Ich bin bei Sunrise und telefoniere kostenlos von der Schweiz nach Deutschland und umgekehrt. Datenroaming ebenfalls.
Falls Sie gerade Empfang haben und ihr gegenüber hören
Verwundert mich. Die Swisscom ist dem UVEK unterstellt. Die Departementschefin, Frau Simonetta Sommaruga, war höchste Konsumentenschützerin der Schweiz, bevor Sie Bundesrätin wurde.
Ungeheuerlich was sich ein Staatsbetrieb leistet, der sowieso der teuerste am Markt ist. Die Leistung passt nicht zum Preis. Mein Internet mit versprochenen 1 GB Geschwindigkeit liefert gemessen max. 300MB. Bei Nachfrage nur faule Ausreden als Antwort.
Wer bei Swisscom abschliesst, ist selber schuld. Es ist nicht das erste Mal, dass Swisscom solche Tricksereien betreibt (Bsp. "unlimitiertes WLAN"). Wer solche Fallen in das Kleingedruckte einbaut, dem gehört die Lizenz entzogen!