Was gilt bei der Arbeit?
Long Covid ist aus arbeitsrechtlicher Sicht eine Krankheit wie jede andere. Bei der IV allerdings ist noch vieles unklar.
Veröffentlicht am 27. Oktober 2022 - 10:41 Uhr,
aktualisiert am 4. Januar 2023 - 10:42 Uhr
Als eingeloggter Beobachter-Abonnent erfahren Sie in diesem Inhalt:
- wie lange Sie weiterhin den vollen Lohn beziehen, wenn Sie krank sind.
- wie viele Tage Sie je nach Anzahl Dienstjahre vor einer Kündigung geschützt bleiben.
- was Sie vom Krankentaggeld erhalten, wenn Sie längere Zeit ausfallen.
- welche Abklärungen die IV bei Betroffenen von Long Covid macht.
Noch kein Abo? Wählen Sie aus unserem Angebot.
Lesen geht nur kurz, dann verschwimmt alles. Der Körper ist wie gelähmt, stundenlang vor dem Computer sitzen schlicht unmöglich. Welche Rechte haben Angestellte, die an Long Covid leiden?
Lohn
Auch wer krank ist, hat Anspruch auf Lohn. Man verdient grundsätzlich dasselbe, wie wenn man arbeiten würde. Wegen Long Covid dürfen einem auch keine Minusstunden entstehen, die man irgendwann abarbeiten müsste. Das gilt auch für Arbeitnehmende, die Teilzeit oder im Stundenlohn arbeiten. Das Obligationenrecht bestimmt, wie lange die Arbeitgeberin zahlen muss.
Wichtig: Bei einem neuen Arbeitsverhältnis muss der Betrieb in den ersten drei Monaten nichts zahlen – ausser wenn der Arbeitsvertrag befristet ist und für mehr als drei Monate gilt. Danach dauert die Lohnfortzahlung im ersten Dienstjahr drei Wochen und danach eine «angemessene längere Zeit». Was «angemessen» heisst, steht nicht im Gesetz. Verschiedene Gerichte haben Tabellen entwickelt, die als Richtlinie dienen. Im Arbeitsvertrag kann man die Lohnfortzahlung auch anders regeln – etwa, dass eine Krankentaggeldversicherung den Lohn übernimmt.
Krankentaggeld
Viele Betriebe schliessen eine kollektive Krankentaggeldversicherung ab. Auch ein Gesamtarbeitsvertrag kann dies vorschreiben. In der Regel deckt das Krankentaggeld 80 oder 100 Prozent des Lohns und wird während maximal 720 oder 730 Tagen ausgerichtet. Oft zahlt die Versicherung erst nach einer Wartefrist – zum Beispiel nach 30 Tagen. Bis dann muss die Arbeitgeberin den Lohn zahlen. Die Details sind in der Police und den allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) festgehalten.
Als Arbeitnehmende hat man das Recht, die Versicherungsunterlagen einzusehen, um sie studieren zu können. Darin ist etwa festgehalten, was gilt, wenn das Arbeitsverhältnis endet (siehe Box «Kündigung bei Long Covid»). Es kann sein, dass die Krankentaggeldversicherung dann nicht länger zahlen muss. Gerade bei langwierigen Krankheiten wie Long Covid wird von der Versicherung häufig ein Case-Manager eingesetzt. Er soll Betroffenen dabei helfen, sich aufs Gesundwerden zu konzentrieren, und sie dabei unterstützen, sich beruflich wieder zu integrieren.
IV-Rente
Die IV-Behörden klären als Erstes ab, ob man wieder ins Berufsleben integriert werden kann – beispielsweise mit einer Umschulung. Erst wenn dies nicht möglich ist, wird eine IV-Rente überhaupt zum Thema .
Relevant ist dann, ob sich Long Covid tatsächlich stark auf das soziale und berufliche Leben auswirkt. Und hier ist momentan noch vieles unklar. Vor allem dann, wenn jemand keine klaren körperlichen Schäden erlitten hat, sondern vor allem psychisch leidet. Oder wenn die Ursache einer chronischen Müdigkeit nicht erklärbar ist. Dann sind ärztliche Gutachten entscheidend. Diese beanspruchen schon im Normalfall viel Zeit. Bei Long Covid dürften die Abklärungen aber noch umfangreicher und langwieriger werden. Betroffene lassen sich am besten frühzeitig durch eine spezialisierte Anwältin beraten.
Eine allfällige IV-Rente bemisst sich nach dem ermittelten Invaliditätsgrad. Dabei gelten die gleichen Grundsätze wie bei der AHV-Rente. Man erhält also nicht einen Prozentsatz des Einkommens, das man vor der Invalidität erzielt hat, sondern eine fixe Rente. Die minimale volle IV-Rente beträgt zurzeit 1225 Franken, die maximale volle Rente 2450 Franken.
Kündigung bei Long Covid
Auch wenn man an Long Covid leidet und krankgeschrieben ist, kann der Arbeitgeber kündigen. Aber erst nach der Sperrfrist. Ihre Dauer hängt von der Anzahl Dienstjahre ab. Im ersten Dienstjahr ist eine Kündigung nach 30, vom zweiten bis und mit dem fünften Dienstjahr nach 90, danach nach 180 Krankheitstagen möglich. Ob man wegen Long Covid zu 100 Prozent oder nur teilweise arbeitsunfähig ist, spielt dabei keine Rolle. Kündigungen während der Sperrfrist sind ungültig.
Bei einer Krankheit oder einem Unfall haben Arbeitnehmer Rechte und Pflichten. Für wie lange erhält man bei Arbeitsunfähigkeit noch den Lohn? Darf der Chef einfach kündigen? Was darf man mit einem Arztzeugnis noch in der Freizeit tun? Erhalten Sie als Beobachter-Mitglied Antworten auf diese und weitere Fragen.